[Dies ist ein Artikel aus unserem Archiv vom Mai 2015. Gelegentlich legen wir alte Artikel neu auf, um zu schauen, ob die Themen derzeit noch relevant sind und/oder was man daraus lernen kann.]

Mit Hololens hofft Microsoft bald eine neue Ära von Mixed Realities umsetzen zu können. In verschiedenen Konzeptvideos kann man bereits sehen, wie man sich hier die Zukunft von digitalen und realen Inhalten kombiniert vorstellt: dreidimensionales Zeichnen im eigenen Arbeitszimmer, Minecraft auf dem Wohnzimmertisch spielen zu können, Reparaturarbeiten im eigenen Zuhause durch Ferncoachings und projizierte Infos in der Realumgebung einfacher und selbst lösbar zu machen und vieles mehr. Doch was bedeutet so eine neue Technologie überhaupt über solche Gadget-haften Funktionen hinausgehend?

Vor kurzem habe ich den Anime „Dennō Coil“ von 2007 wiederentdeckt. Obwohl dessen Release nun schon neun Jahre her ist, scheint dieser Anime aktueller denn je, da hier eine Welt entworfen wird, wie sie bald auch in unserer heutigen Zeit Realität werden könnte: die Protagonisten tragen Brillen, die es erlauben, trotz ihres dezenten Designs und keiner erkennbaren Technik eine Überblendung der echten Welt mit einer digitalen zu ermöglichen. Die Story, die im Jahre 2026 spielt, geht hierbei davon aus, dass um 2015 erste AR-Headsets eingeführt wurden, die in den Folgejahren erst eine solche Verschmelzung ermöglichen konnten. Interessant ist es in diesem Zusammenhang zu sehen, wie Microsoft mit den immer weiter bekannt werdenden Details im Jahre 2015 tatsächlich erste Schritte in diese Richtung zu wagen scheint.

Vor allem aber sind die Auswirkungen der in „Dennō Coil“ gezeigten Welt und ihrer Geschichte auf die Protagonisten interessant. So tritt die Hauptfigur Yūko recht zu Beginn der Serie bereits einer Detektivorganisation bei, die sich mit dem Aufspüren verschwundener digitaler Haustiere beschäftigt. Die emotionale Bindung von Mensch und digitalem Haustier wird hier als natürlich und gegeben dargestellt und daher auch nicht sonderlich thematisiert. Auch die Unsicherheit der Protagonisten in manchen Situationen, die Brille zunächst einmal kurz abnehmen zu müssen, um sich sicher zu sein, ob das vor ihnen Liegende tatsächlich vorhanden oder nur digital ist, zeigt vor allem die große Akzeptanz der gezeigten digitalen Objekte und Wesen.

Im Rahmen solcher Fiktionen ist es sicher interessant, diesen Anime noch einmal in Gänze anzuschauen – die überschaubaren 26 Episoden hat man auch schnell an einem Wochenende nochmal geschaut – aber vor allem auch darüber nachzudenken, inwiefern auch wir auf eine solche Welt zusteuern, in der reale und digitale Inhalte natürlich koexistieren könnten. Ist es notwendig, bald über solche Dinge zu diskutieren wie „öffentlicher Raum vs. digitaler Raum“? Wer bestimmt eigentlich – sobald eine parallele digitale Welt entsteht – über Besitz virtueller Räume, kann und will man sich dieser Entwicklung überhaupt entziehen und wie geht man als Designer verantwortungsvoll mit diesen Entwicklungen um?