Anfang 2024 haben wir hier bei GameLab Freiburg schon über Palworld geschrieben – ein Indie-Spiel, das mit seinem „Pokémon mit Knarren“-Ansatz die Gaming-Welt aufmischte. Damals war es frisch im Early Access, hatte gerade mal ein paar Wochen auf dem Buckel und verkaufte sich schon millionenfach. Jetzt, über ein Jahr später, ist Palworld nicht mehr nur ein Hype, sondern ein Phänomen. Und während wir uns fragen, wie Pocketpair das geschafft hat, wird eine andere Frage immer lauter: Was bedeutet das für Pokémon, die Mutter aller Kreaturen-Sammelspiele?

Vom Underdog zum Trendsetter

Unser letzter Beitrag endete mit der Prognose: „Wenn Palworld seinen Early-Access-Moment nutzt, könnte es mehr als ein Meme werden.“ Tja, das hat es. Stand März 2025 hat das Spiel nicht nur Updates wie neue Pals, große neue Maps und weitere Multiplayer-Features rausgehauen, sondern auch eine treue Community aufgebaut, die die Mischung aus Survival, Crafting und schrägem Humor liebt. Die Unreal Engine 5 macht’s möglich: Die Welt ist riesig, die Grafik knackig und die Pals immer noch charmant und witzig.

Aber der Erfolg liegt tiefer. Palworld hat gezeigt, dass Spieler mehr wollen als die übliche Nintento-Formel. Es kombiniert Open-World-Freiheit à la Breath of the Wild mit einer Prise Chaos, die an GTA erinnert. Während die Kämpfe in Pokémon in Scharlachrot und Violett eher gegen die Performance als Arenaleiter ausgetragen wurden, lieferte Palworld ein technisch solides Abenteuer – und das als Indie-Titel mit einem Bruchteil des Budgets.

Pokémon unter Druck

Game Freak und Nintendo haben 2024 zwar nicht geschlafen, da zumindest DLCs und Patches für Scharlachrot und Violett released wurden und auch Gerüchte über eine Switch-2-Ankündigung die Runde machen, aber die Fans werden ungeduldig. Die Formel aus Arenen, Orden und Pokédex ist Kult, klar, doch Palworld hat eine Schwäche offengelegt: Innovation fehlt. Wo Palworld mit Base-Building und Ressourcenmanagement und vor allem wunderschöner 3D-Grafik in 3rd Person punktet, bleibt Pokémon bei altbewährten Mechaniken und rückständigen Engines. Selbst die offene Welt von Legends: Arceus fühlt sich 2025 irgendwie lame an, wenn man sieht, wie Palworld die Grenzen von „Kreaturen-Spielen“ sprengt.

Und dann die Plagiatsdebatte – scheinbar Nintendos letztes Aufbäumen: Anfang 2024 haben wir schon erwähnt, dass die Ähnlichkeiten zwischen Pals und Pokémon nicht zu leugnen sind. Pocketpair hat sich mit „Inspiration, kein Kopieren“ verteidigt, aber Ende 2024 reichte Nintendo dann doch eine Klage ein – zwar über umgerechnet lächerliche 61.000 Euro, aber dennoch. Ziel schien aber vor allem zu sein, Palworld in Japan aus den virtuellen Regalen zu nehmen. Druck ist jedenfalls da – vor allem kreativ. Palworld zeigt: Die Community will frische Ideen, auch wenn sie kontrovers sind.

Ein Weckruf für die Zukunft

Was könnte Pokémon lernen? Vielleicht, dass eine Prise Risiko nicht schadet. Stellt euch vor: Eine Pokémon-Welt, in der ihr eure Basis baut, mit Monstern zusammenarbeitet oder sogar Allianzen mit anderen Trainern schmiedet, eine riesige Welt wie Breath oft he Wild mit der Ästhetik und Qualität der neueren Mario Games. Die Technik der Unreal Engine 5, die Palworld so stark macht, könnte auch Pokémon in eine neue Ära heben. Oder wie wäre es mit einem moralischen Twist, wo das „Fangen“ von Pokémon nicht nur Spaß, sondern ein ethisches Problem darstellt?

Ich sehe die aktuelle Situation jedenfalls vor allem als Chance, da Pokémon schon viel zu lange nie ernsthafte Konkurrenz hatte und Nintendo nun endlich – zumindest ein wenig – unter Zugzwang zu sein scheint, da die Spieler verstanden haben, dass der bisherige geringe Standard von Nintendo kein Muss ist. Spiele wie Palworld sind dabei nicht nur Konkurrenz, sondern Inspiration. Fakt ist: Palworld hat bewiesen, dass ein kleiner Entwickler mit großen Ideen die Riesen wachrütteln kann. Nintendo, Game Freak – ihr seid dran.